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Der japanische Yen erlebt die schlimmste Verluststrähne seit fast 50 Jahren und fiel kürzlich auf ein 20-Jahres-Tief von 130 gegenüber dem US-Dollar. Ein schwacher Yen dürfte die japanische Wirtschaft in Schwierigkeiten bringen (siehe Venezuela). Die Regierung ist jedoch bestrebt, ihre lockere Geldpolitik beizubehalten, um das Wachstum anzukurbeln.
Es gab Forderungen nach einer Zinserhöhung durch die Bank of Japan, aber die Zentralbank will den schwachen Yen nutzen, um ihr Ziel der Reflation der japanischen Wirtschaft zu erreichen. Sie sieht die Unternehmensgewinne durch einen schwachen Yen anschwellen, da die Exporte wettbewerbsfähig werden, aber was ist mit der Binnenwirtschaft, die nicht vom Export abhängig ist?
Schwacher Yen und politische Intervention
Japans Finanzminister Shunichi Suzuki sagte im April, dass der Schaden für die Wirtschaft durch einen schwächeren Yen größer sei als die Vorteile, die er mit sich bringe. Dies steht im Gegensatz zu der Haltung von Zentralbankgouverneur Haruhiko Kuroda, der die geldpolitische Lockerung geduldig fortsetzen will. Die Zentralbank beabsichtigt außerdem, ihr Renditeziel von 0% für 10-jährige Anleihen beizubehalten, wodurch sich der Abstand zur US-Renditespanne vergrößert.
Der Ärger begann, als die US-Notenbank Anfang des Jahres Zinserhöhungen ankündigte und der US-Dollar gegenüber dem Yen zulegte. Die Sorge bleibt, ob der Yen weiter abwerten würde, da die US-Notenbank für den Rest des Jahres aggressive Zinserhöhungen plant.
„Devisenmarktinterventionen sind aufgrund der makroökonomischen Fundamentaldaten nicht zu rechtfertigen. Was die Devisenprognosen anbelangt, so lag USD/JPY bereits auf unserem Prognosehoch von 130 und wir neigen dazu, das Profil nach oben zu korrigieren, da es so aussieht, als ob der Dollar in den nächsten drei bis sechs Monaten stark bleiben/erstarken könnte“, schreibt Min Joo Kang, Senior Economist bei ING, und fügt hinzu, dass die Bank mit einer Devisenintervention rechnet, wenn USD/JPY sich 135 nähert.
Anfang April, als die Zentralbank die Leitzinsen beibehielt, sagte Japans Ex-Forex-Chef Hiroshi Watanabe gegenüber Bloomberg, dass das Niveau von 135 nicht so kritisch schlecht für die Wirtschaft sei, aber „wie lange es dort bleiben werde, sei ziemlich wichtig“.
Was bedeutet das für Japans Wirtschaft?
Japans Wirtschaft ist im ersten Quartal 2022 um 0,2% geschrumpft und damit langsamer als die offizielle Erwartung eines vierteljährlichen Rückgangs von 0,3%. Dies ist das dritte Quartal in Folge, in dem die japanische Wirtschaft geschrumpft ist. Die russische Invasion in der Ukraine hat die Preise für Öl und Lebensmittel in die Höhe getrieben, was in Verbindung mit einem schwachen Yen ein Problem darstellt. Die Regierung von Premierminister Fumio Kishida hat ein 21 Mrd. USD schweres Haushaltsprogramm verabschiedet, das unter anderem Benzinsubventionen und Bargeldzahlungen an Familien mit geringem Einkommen vorsieht, um den Inflationsdruck zu mildern.
Die Zentralbank will allerdings eine Inflation von 2%, da sie im Jahr 2022 aus 30 Jahren Inflation nahe Null herauskommen möchte.
„Eine Rückkehr zu einer moderaten Inflation könnte die Rentabilität der Unternehmen nachhaltig stärken. Dies gilt insbesondere für die vielen „versteckten Perlen“ unter den Small- und Mid-Caps, die solide Fundamentaldaten, eine starke Wettbewerbsposition und Preissetzungsmacht mit einer wachsenden Bereitschaft verbinden, ihre wesentlichen ökologischen, sozialen und Governance-Herausforderungen anzugehen und sich für Reformen in den Bereichen Corporate Governance, Kapitalmanagement und Nachhaltigkeit einzusetzen“, so Neuberger Berman.
Zwar profitieren einige Unternehmen von dieser Politik, vorwiegend diejenigen, die stark auf ausländischen Märkten vertreten sind, aber kann sie auch die Innovation ankurbeln und die Löhne in Japan erhöhen? Das bleibt abzuwarten.
Im Allgemeinen steigt der Konsum, wenn die Inflation in Erwartung höherer Preise in der Zukunft ansteigt, aber die japanische Praxis des ‚kakeibo‘ – ein Haushaltsplanungssystem, das Sparmaßnahmen predigt – könnte sich als deflationär für die Wirtschaft erweisen.
„Obwohl ein schwacher Yen für viele japanische Unternehmen und ihre Handelspartner profitabel war, wäre eine weitere Abwertung schädlich. Sie werden die Exporte von Waren oder wichtigen Dienstleistungen wie dem Tourismus nicht steigern. Sie würde auch jeden potenziellen Anstieg der Beschäftigung zu einem Zeitpunkt begrenzen, an dem Japan mehr hochwertige Arbeitsplätze benötigt“, schreibt Willem Thorbecke, Senior Fellow am Research Institute of Economy, Trade and Industry, Japan. „Eine weitere Abwertung würde die Kaufkraft von Unternehmen und Verbrauchern schmälern und ihre Fähigkeit, wichtige Produkte zu importieren, beeinträchtigen.“
Wie sollten Investoren mit dem schwachen Yen umgehen?
„Wir glauben, dass der japanische Markt eine wertvolle geografische Diversifizierung innerhalb eines Portfolios und Zugang zu einer Reihe einzigartiger Unternehmen ohne echte Konkurrenten bieten kann. Der japanische Markt hat auch von der steigenden Rentabilität und dem verstärkten Fokus auf Aktionärsrenditen und Corporate Governance profitiert“, so Franklin Templeton in einer Mitteilung.
Anfang dieses Monats erklärte Goldman Sachs, dass sich ein schwacher Yen als ideale Absicherung gegen das Risiko einer US-Rezession erweisen könnte. „Mit anderen Worten: Der Yen wird derzeit zu historisch günstigen Kursen gehandelt und gilt als der mit Abstand billigste sichere Hafen – und das zu einer Zeit, in der das Risiko einer weltweiten Rezession steigt“, schreiben die Goldman-Analysten in einer Research Note.
