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Kehren chinesische Unternehmen US-Börsen den Rücken?

Jahrelang ging der Trend dahin, dass große chinesische Firmen ihre Börsengänge (IPOs) an Amerikas vertrauenswürdigeren und weniger strengen Börsenplätzen, vor allem an der Nasdaq, durchführten. Im Jahr 2014 entschied sich der chinesische Technologieriese Alibaba dafür, nicht in Hongkong, sondern am New Yorker Markt zu notieren, und sein Börsengang brachte rekordverdächtige 25 Mrd. USD ein.

Neue Vorschriften, die vom US-Kongress und dem Weißen Haus vorgebracht werden, könnten es chinesischen Firmen jetzt jedoch noch schwerer machen, an amerikanischen Börsen notiert zu werden. Gleichzeitig dürfte die Deregulierung der Börse in Hongkong dazu führen, dass chinesische Firmen ihre Aktienangebote zurück nach China verlagern – zumindest vorerst als Zweitnotierungen.

USA ziehen die Schrauben für chinesische Unternehmen an

Im April verabschiedete der US-Senat einen Gesetzentwurf, der der US-Wertpapier- und Börsenaufsichtsbehörde (SEC) größere Befugnisse zur Überprüfung von chinesischen Unternehmen einräumt. Dieser Gesetzentwurf muss allerdings noch vom US-Kongress angenommen werden, um in Kraft zu treten.

Nach diesen vorgeschlagenen neuen Regeln muss ein ausländisches Unternehmen, das an amerikanischen Börsen, einschließlich der Nasdaq, notiert werden will, nachweisen, dass es sich nicht im Besitz einer ausländischen Regierung befindet und muss der SEC zusätzlich die Abschlüsse der letzten drei Jahre vorlegen. Vor allem ersteres ist für viele chinesische Firmen ein Problem, denn viele sind teilweise in Staatsbesitz oder sollen formelle Verbindungen zum Staat haben.

Senator John Kennedy, ein Republikaner, der den Gesetzentwurf eingebracht hat, sagte, das Ziel sei es, „China unter Druck zu setzen, sich an die Regeln zu halten„. Tatsächlich werden derzeit chinesische Unternehmen, die im Überseehandel tätig sind, von Peking aufgefordert, ihre Rechnungsprüfungsunterlagen auf dem chinesischen Festland aufzubewahren, was ausländischen Ermittlern oft die Möglichkeit nimmt, sie ordnungsgemäß zu prüfen.

Trumps Zorn auf China

Gleichzeitig gab US-Präsident Donald Trump letzte Woche seinen Beratern 60 Tage Zeit, um eine Liste mit Ideen zu erarbeiten, wie US-Regulierer ausländische Firmen, namentlich chinesische, bestrafen können, die sich nicht an die amerikanischen Prüfungsvorschriften halten.

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In einem am 4. Juni vom Weißen Haus veröffentlichten „Memorandum zum Schutz von US-Investoren vor erheblichen Risiken durch chinesische Unternehmen“ hieß es, dass „die chinesische Regierung chinesische Unternehmen und Unternehmen mit bedeutenden Aktivitäten in China konsequent daran gehindert hat, sich an den Anlegerschutz zu halten, der für alle Unternehmen gilt, die an US-Börsen notiert sind.“

Aufbruch in einen neuen Kalten Krieg

Zum Teil hat all dies mit den zunehmenden Spannungen zwischen den USA und China zu tun. Viele Beobachter sprechen von einem „neuen Szenario des Kalten Krieges“ seit Beginn der Covid-19-Pandemie.

Dieses neue Gerangel der Supermächte hat jetzt denjenigen in Amerika Rückenwind gegeben, die schon länger eine stärkere Regulierung und Überwachung der Börsennotierungen chinesischer Firmen gefordert haben. Diese Forderungen wurden jedoch immer abgewiesen als die Beziehungen zwischen den USA und China noch eng waren. Im Mai hat die Nasdaq angekündigt, das chinesische Start-up-Unternehmen Luckin Coffee zu entlisten, nachdem festgestellt worden war, dass es bei seinem IPO schweren Betrug begangen hatte.

Chinesische Unternehmen auf dem Weg in die Heimat

Weitere chinesische Firmen reagieren auf die geplanten Schritte der USA. Das an der Nasdaq notierte NetEase, ein chinesisches Glücksspielunternehmen, plant nun ein Zweitlisting in Hongkong. In den Unterlagen zur Einreichungen bei der Hongkonger Börse schreibt das Unternehmen, dass neue Regeln in Amerika „für die betroffenen Emittenten, einschließlich uns, eine Verunsicherung der Anleger verursachen könnten, der Marktpreis unserer [US-Aktien] könnte nachteilig beeinflusst werden, und wir könnten von der Notierung gestrichen werden, wenn wir nicht in der Lage sind, die neuen Anforderungen zu erfüllen.“

NetEase ist nicht allein. Nach der Notierung an der Nasdaq im Jahr 2014 ging Alibaba im vergangenen Jahr mit einer zweiten Notierung nach Hongkong und brachte 11 Mrd. USD auf. Eine Zweitnotierung in Hongkong geht nun auch der chinesische E-Commerce-Gigant JD.com an, der ebenfalls 2014 seinen ersten Börsengang an der Nasdaq hatte. Und Brancheninsider vermuten, dass der Suchmaschinengigant Baidu ebenfalls einen zweiten Börsengang auf dem Hongkonger Markt plant.

Chinesische Reformen der Aktienmärkte

Es ist nicht nur der Druck in Amerika, der viele chinesische Unternehmen zur Rückkehr nach Hause bewegt. Die Börse in Hongkong hat in den letzten Jahren die Vorschriften für Börsengänge gelockert und zwar für unprofitable Unternehmen und solche, die duale Strukturen aufweisen, also bei denen unterschiedliche Stimmrechte an verschiedene Aktiengattungen vergeben werden.

In der Vergangenheit waren die milderen Regeln der Nasdaq ein Grund dafür, dass chinesische Firmen die amerikanische Börse für ihren Börsengang bevorzugt haben.

Die epische Migration chinesischer Börsennotierungen dürfte sich in den nächsten Jahren beschleunigen, da die Marktreformen in Hongkong und Schanghai die Börsennotierungs- und Finanzierungshürden für Technologiefirmen senken“, so ein kürzlich veröffentlichter Bericht der Fondsgesellschaft Fidelity.

Infolge der neu gelockerten Vorschriften ist die Börse in Hongkong „sowohl 2018 als auch im vergangenen Jahr nach dem Wert der Börsengänge zur weltweiten Nummer eins geworden“, hieß es weiter.

Hongkongs Zukunft

Ob dies wirklich ein „goldenes Zeitalter“ für die chinesischen Börsen sein wird, bleibt umstritten. Viel hängt auch davon ab, wie es jetzt in Hongkong nach der Billigung Chinas neues Sicherheitsgesetzes weitergeht.

Einige sehen schon das Ende Hongkongs als asiatisches Finanzzentrum heraufziehen, insbesondere wenn Peking auch die viel gepriesene Rechtsstaatlichkeit der Stadt eindämmen will. In der Tat sehen Investoren Hongkong wegen seiner unabhängigen Justiz und der fairen Vertragsdurchsetzung als einen sicheren Ort an.

Dennoch ist die Zukunft Hongkongs ungewiss. Die Trump-Regierung will Hongkong einige Handelsprivilegien entziehen, allerdings beziehen sich diese nicht auf den Finanzsektor. Die Regierung Hongkongs sagte, dass man über genügend Reserven verfüge, um die Bindung des Hongkong-Dollar an den US-Dollar aufrechtzuerhalten – ein Hauptgrund für das Vertrauen der Investoren.

Darüber hinaus könnte die Rückkehr großer chinesischer Firmen an die Hongkonger Börse die Stadt für Investoren sogar noch attraktiver machen, ungeachtet der politischen Turbulenzen.

Letzte Woche sagte Charles Li, CEO von Hong Kong Exchanges and Clearing, der Eigentümer der Hongkonger Börse, auf einer Konferenz, dass dieses Jahr ein großes Jahr für „sehr bedeutende Rückkehrer aus den Vereinigten Staaten“ werden wird.

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