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Chinas Kampf gegen importierte Inflation

Chinas Kampf gegen importierte Inflation

China hat angekündigt, die Rohstoffpreise stärker zu überwachen, um die gestiegene Inflation zu bekämpfen. Die Rohstoffpreise für Kohle, Stahl, Eisenerz und Kupfer sind in diesem Jahr aufgrund der Nachfrageerholung und der reichlich vorhandenen globalen Liquidität stark angestiegen. Chinas Werkspreise stiegen im Mai 2021 mit einer Jahresrate von 9% und damit so schnell wie seit über 12 Jahren nicht mehr.

In diesem Gastkommentar wirft Fabrice Jacob, CEO von JK Capital Management Ltd., ein Unternehmen der La Française Gruppe, einen Blick auf die Strategien der chinesischen Regierung, um die steigenden Fabrikpreise und Chinas Inflation in den Griff zu bekommen.

In einer Zeit, in der jeder zweite Artikel in der Wirtschaftspresse die Auswirkungen des Inflationsanstiegs auf Risikoanlagen thematisiert, schützt sich China vor importierter Inflation: Das Land lässt seine Währung aufwerten, geht gegen Rohstoffhändler vor, die ihre Bestände aufstocken, erhöht die Transaktionsgebühren und macht gleichzeitig Währungsspekulanten auf der ganzen Welt klar, dass ein steigender Renminbi (RMB) keine risikolose Wette ist.

Inflationsangst in China

Um die Logik hinter diesem Schritt zu verstehen, muss man sich daran erinnern, wie das Regime im Oktober 1949 an die Macht kam. Nachdem die nationalistische Kuomintang das Land in eine Hyperinflation hatte abgleiten lassen, druckte sie massive Geldmengen, um den Bürgerkrieg gegen die von Mao Zedong geführten Truppen zu bezahlen. Zwischen September 1948 und Mai 1949 waren die Preise in China um das 1,28 millionenfache gestiegen, während der Wechselkurs des Yuan gegenüber dem US-Dollar von 700:1 im Januar 1949 auf 23.280.000:1 im Mai 1949 abgewertet wurde.

Vierzig Jahre später, im Juni 1989, sah sich die chinesische Regierung mit einer weiteren durch Inflation ausgelösten Krise konfrontiert, und zwar kurz nachdem China 1988 das System der Lebensmittelrationierungs-Coupons aufgegeben hatte, was zu dieser Zeit in vielen kommunistischen Ländern üblich war. Die Lebensmittelcoupons wurden durch die Marktwirtschaft ersetzt, und die Preiskontrolle wurde im August 1988 aufgehoben. Die Inflation stieg sofort von 7,3% im Jahr 1987 auf 18,8% im Jahr 1988. Dies war ein Schlüsselfaktor für die Unruhen im Juni 1989.

Die Inflationsangst der chinesischen Regierung ist der Grund, warum sie die Geldpolitik der westlichen Zentralbanken, die 2009 nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers begann, so kritisch gegenübersteht. Sie verfolgt nämlich die quantitative Lockerung durch den Kauf von Vermögenswerten. Es ist recht einfach, eine Parallele zwischen China und Deutschland zu ziehen. Beide Länder erlebten in ihrer modernen Geschichte eine Hyperinflation (im Falle Deutschlands die Weimarer Republik in den 1920er Jahren) und beide Regierungen stehen der quantitativen Lockerung weiterhin sehr kritisch gegenüber, wobei Deutschland seine Geldpolitik der Europäischen Zentralbank übertragen hat. Aus diesem Grund hat sich die People’s Bank of China (PBoC) als einzige Zentralbank geweigert, Geld zu drucken, und lässt nun den RMB aufwerten, um die chinesische Wirtschaft vor den Folgen der westlichen Geldpolitik, d.h. importierter Inflation, zu schützen.

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Die subtile Aufgabe besteht darin, diese allmähliche Aufwertung des RMB zuzulassen ohne dass Währungsspekulanten die Kontrolle über das Drehbuch übernehmen. Deshalb lautet die offizielle Erklärung, dass die PBoC den RMB nicht unkontrolliert aufwerten lassen wird und nicht zögern wird, einzugreifen, um jede übermäßige Bewegung einzuschränken. Dies geschah, als die PBoC am 31. Mai ankündigte, dass die erforderliche Mindestreservequote für ausländische Einlagen am 15. Juni von 5 Prozent auf 7 Prozent angehoben wird. So wurde die Menge an Fremdwährungen im Bankensystem, die in RMB umgetauscht werden können, reduziert.

China Inflation – Wechselbad-Taktik?

Unserer Ansicht nach verfolgt die chinesische Regierung eine Wechselbad-Taktik, weil sie nicht offen erklären möchte, dass sie die chinesische Wirtschaft vor importierter Inflation durch eine kontinuierliche Welle der Währungsaufwertung schützt. Dies könnte nämlich zu einer risikolosen Wette für Devisenhändler werden, was wiederum ein Schneeballsystem auslösen könnte, das sich nachteilig auf die Handelsbilanz auswirken würde.

Diese Strategie scheint zu funktionieren, denn die Wirtschaft zeigt keine Anzeichen einer Abschwächung. Die Nachfrage nach chinesischen Gütern ist so hoch wie nie zuvor. Laut den neuesten Daten des IWF machten die chinesischen Exporte im Februar 2021 einen Rekordanteil von 15,9 Prozent an den weltweiten Ausfuhren aus, gegenüber 13,3 Prozent im Vorjahr. Während der RMB im April um 1,6 Prozent gegenüber dem US-Dollar aufwertete, stieg der Verbraucherpreisindex (Consumer Price Index CPI) im Jahresvergleich um 0,9 Prozent und der Kern-CPI nur um 0,7 Prozent. Die Preise an den Werkstoren gaben im Monatsvergleich nach: Der Erzeugerpreisindex sankvon +1,6 Prozent im März auf +0,9 Prozent im April. Ein Beweis für die schwachen Auswirkungen, die die importierten Rohstoffe auf Unternehmen in einem steigenden RMB-Umfeld haben.

Im Vergleich dazu stiegen die CPI-Indizes in den Vereinigten Staaten und im Euroraum im April um 4,2 Prozent bzw. 1,6 Prozent.

Während die PBoC damit beschäftigt ist, den RMB aufwerten zu lassen und dies behutsam der Welt vermittelt, ist die Abteilung für Preise der Nationalen Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC) damit beschäftigt, Maßnahmen zu ergreifen, um die lokalen Rohstoffpreise im Zaum zu halten. So wurden kürzlich neue Steuern eingeführt, die Transaktionsgebühren erhöht, Branchenstudien zu Rohstoffen zensiert und die Rohstoffproduzenten aufgefordert, ihre Lagerbestände zu verkaufen. Bislang waren diese Maßnahmen einigermaßen erfolgreich. Der Preis für Betonstahl ist nämlich von seinem jüngsten Höchststand um 20 Prozent und der Kohlepreis um 10 Prozent gesunken.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die chinesische Regierung die Inflationsgefahr sehr ernst nimmt und mit allen Mitteln bekämpft. Auch wenn die Zeiten der Hyperinflation längst vorbei sind, stand die Inflationsbekämpfung immer ganz oben auf der Agenda der chinesischen Regierung. Auch weil die Geschichte gezeigt hat, welche sozialen Auswirkungen steigende Preise haben können.

Solange das makroökonomische Bild stimmt, erwarten wir, dass die chinesische Regierung den RMB weiter gegenüber dem US-Dollar aufwerten lässt, auch wenn die offizielle Botschaft widersprüchlich sein mag. Was die Rohstoffe betrifft, so hofft die chinesische Regierung sicherlich, dass der Inflationsschub, den der Westen derzeit durchmacht, nur vorübergehend ist, denn die staatlichen Maßnahmen können nur ein vorübergehendes Mittel gegen eine weltweit steigende Preisflut sein. Die Sandburg kann der steigenden Flut nicht allzu lange widerstehen.

 

Fabrice Jacob

Co-Founder und CEO
JK Capital Management

Fabrice Jacob ist Mitbegründer und CEO von JK Capital Management Ltd, einer in Hongkong ansässigen Fondsmanagementgesellschaft und Tochtergesellschaft von La Française. Sein umfangreiches Wissen über die chinesischen und asiatischen Märkte verdankt er seiner über 20-jährigen Berufserfahrung in Hongkong.