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Chinas neuer Konsumpatriotismus

Ob Sportschuhe, Babynahrung, Make-up oder Elektro-SUVs: Die verbesserte Qualität der Produkte, ein zunehmendes Nationalbewusstsein und geschicktes Marketing haben chinesischen Produkten in ihrer Heimat Auftrieb gegeben. Dadurch sind internationale Konzerne und globale Marktführer unter Druck geraten. Entsteht in China ein neuer Konsumpatriotismus? Ein Gastbeitrag von Stefan Breintner, Deputy Fund Manager des GAMAX Funds Asia Pacific von Mediolanum International Funds.

Milchskandal 2008 erschütterte Kundenvertrauen

Schuld am schlechten Image der chinesischen Konsumprodukte war ursprünglich besonders der chinesische Milchskandal im Jahr 2008. Hersteller hatten versucht, mit der giftigen Industriechemikalie Melamin, einen höheren Eiweißgehalt der Säuglingsnahrung vorzutäuschen. Mindestens sechs Babys starben am verseuchten Milchpulver, rund 300.000 erlitten schwere Nierenerkrankungen

Infolge dieses Skandals war das Vertrauen in chinesische Säuglingsnahrungshersteller tief gestört: Mehrere asiatische Länder stellten den Import von chinesischer Milch ein. Die EU verschärfte das bereits bestehende Importverbot. Auch chinesische Käufer zogen Konsequenzen und griffen beim Einkauf verstärkt auf die Produkte globaler Marktführer zurück.

Verbesserung der Qualität chinesischer Produkte

Seitdem hat sich in China in puncto Lebensmittelsicherheit und Qualität viel getan. Heimische Produkte machen inzwischen in nahezu allen Sparten den globalen Konzernen Konkurrenz. Sogar ein chinesischer Milchpulverproduzent, die China Feihe Ltd. aus Peking hat es geschafft, das Verbrauchervertrauen zurückzugewinnen und ist seit zwei Jahren der führende Anbieter für Babynahrung in China. Bis 2013 war das Unternehmen als American Dairy Inc. an der New York Stock Exchange gelistet, bevor es wieder zu seinem chinesischen Namen zurückkehrte. Das Verkaufsargument des Unternehmens: Das heimische Produkt sei qualitativ vergleichbar mit globalen Marktführern und zudem besser an die Bedürfnisse chinesischer Babys angepasst. Auch Sportschuhe führender chinesischer Produzenten wie Anta Sports können inzwischen mit den Produkten von Nike, Adidas und Co. mithalten. Zudem bieten sie den entscheidenden Vorteil, dass sie oft wesentlich erschwinglicher sind.

„Buy Chinese“: ganz nach chinesischem Geschmack

Neben der verbesserten Qualität spielt auch ein zunehmendes Nationalbewusstsein nach dem Motto „Buy Chinese“ eine Rolle. Die Marketing-Kampagnen der chinesischen Unternehmen fruchten bei den Einheimischen. So setzt die Marke Feihe auf eine besondere Kundenbindung durch Treueprogramme, Hilfsgruppen für frischgebackene Eltern und Buchbänden mit Gute-Nacht-Geschichten. Andere Firmen setzen bei der Produktentwicklung an und passen sich immer besser dem chinesischen Geschmack an. China Mengniu Dairy Co. hat zum Beispiel mit Innovationen wie Käse mit Ananasgeschmack oder einem Snack mit Tintenfisch Erfolg. Hier können die meisten internationalen Konkurrenten nicht mithalten.

Zunehmender Wettbewerbsdruck für globale Marktführer

Klar ist: Der Konkurrenzdruck für global führende Marken wie Nestlé oder Danone ist gestiegen. Diese Entwicklung wurde durch die Corona-Pandemie verstärkt. Drei entscheidende Gründe für die Attraktivität chinesischer Produkte in Krisenzeiten: Chinesische Produkte sind oft günstiger als ausländische Markenprodukte. Darüber hinaus sind heimische Produkte auf den chinesischen Online-Plattformen besser positioniert und sichern sich dadurch einen wichtigen vertrieblichen Wettbewerbsvorteil. Zudem hat die chinesische Regierung den Daigou-Handel, das heißt, eine Person außerhalb Chinas kauft Produkte für eine in China lebende Person, massiv eingeschränkt. Nestlé und Co. konnten infolgedessen ihre hohen Wachstumsraten nicht halten.

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Kosmetikanbieter: Chinesische Anbieter etablieren sich beim Massenmarkt

Auch in der Kosmetiksparte haben chinesische Kunden ein stärkeres Vertrauen in heimische Marken gewonnen: Laut Daxue Consulting stellen chinesische Unternehmen mittlerweile sieben der zehn größten Kosmetikmarken. Zum Vergleich: 2017 waren es noch drei. Das Erfolgsgeheimnis: Sie setzen stark auf einen digitalen Vertrieb über Online-Händler und investieren viel Social-Media-Marketing. Damit gewinnen chinesische Unternehmen zwar Anteile am heimischen Massenmarkt, doch die Marketing-Ausgaben drücken auch die Gewinnspanne. Kosmetikanbieter Yatsen hat zum Beispiel nur eine operative Marge von rund fünf Prozent.

Die multinationalen Unternehmen wie Estée Lauder und L’Oréal investieren zwar ebenfalls viel in ihr Online-Angebot, sie reagieren jedoch auf die Konkurrenz im Massenmarkt – L’Oréals Make-up-Linie Maybelline verzeichnete seit 2010 Marktanteilsverluste von rund 10 Prozent – und legen einen klaren Fokus auf das profitablere Premium-Segment. Dort konnte L’Oréal mit zwei neuen Make-up Marken in den letzten fünf Jahren rund 15 Prozent Marktanteil hinzugewinnen.

Chinesische Konkurrenz für Tesla und Porsche

China ist als größter Automarkt noch immer ein Schlüsselmarkt für deutsche Hersteller. Besonders top ausgestattete Luxusmodelle sind gefragt und die Profitabilität ist für deutsche Hersteller deutlich höher als in Deutschland. Doch auch in diesem Sektor schläft die chinesische Konkurrenz nicht. Tatsächlich ist laut aktuellen Umfragen das beliebteste Auto in China kein Porsche oder Tesla, sondern ein NIO. Die Marke gibt es zwar erst seit 2014 und sie kann sich noch lange nicht in Sachen Tradition und Stahlkraft mit europäischen Marken messen, doch der Elektro-SUV ist deutlich günstiger als beispielsweise ein BMW und überzeugt mit Qualität, Design und einer ordentlichen Reichweite.

Stefan Breintner – Deputy Fund Manager des GAMAX Funds Asia Pacific, Mediolanum International Funds

Und NIO ist nicht der einzige chinesische Konkurrent: Auch Hersteller wie BYD, BAIC oder Geely winken mit moderner Technik und günstigen Preisen. Zudem haben sie keine Scheu, neue Vertriebswege zu gehen: Die Geely-Tochter Lynk & Co.  beispielsweise spart sich ein teures Vertriebsnetz, konfiguriert und bestellt wird online. Darüber hinaus bietet sie Abo-Pakete inklusive Wartung, Steuerung und Versicherung, die es den Abonnenten ermöglichen ihr Auto mit anderen Fahrern zu teilen und damit auch noch Geld zu verdienen. Ein weiterer Vorteil für chinesische Autohersteller: Der führende Batteriehersteller CATL sitzt in China und stellt Batterien für Elektro-Autos her. Und diese sind bekanntermaßen das Herzstück der E-Mobilität.

Westliche Marken haben in China immer noch einen hohen Stellenwert und dienen oftmals als Status-Symbole. Die chinesischen Marken holen jedoch massiv auf und sind der ausländischen Konkurrenz in Marketing, Vertrieb und Technik teilweise weit voraus. Für Investoren bietet diese Entwicklung Chancen und die Möglichkeiten, in den chinesischen Binnenmarkt zu investieren erweitern sich.

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