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Japan nach der Wahl. Wie attraktiv sind japanische Aktien?

Die japanische Wirtschaft steht vor gewaltigen Herausforderungen. Die Auswirkungen des Handelskonflikts, demografischer Wandel, Arbeitskräftemangel und die Folgen jahrzehntelanger Stagnation. Wir sprachen mit Daiji Ozawa, Managing Director und Chief Investment Officer bei Invesco Japan, über die Perspektiven für japanische Aktien.

AsiaFundManagers.com: Herr Ozawa, Shinzo Abe ist mit deutlichem Abstand wiedergewählt worden. Was bedeutet dies für die japanische Wirtschaft?

Daiji Ozawa: Angesichts der guten wirtschaftlichen Bedingungen sowie der gestiegenen Zustimmung seines Kabinetts, war der Erdrutschsieg, bei dem Shinzo Abe 553 von 810 Stimmen gewann, wenig überraschend. Sofort nach der Wiederwahl für seine dritte Amtszeit erklärte Abe, dass er das Kabinett umbilden werde, um mit seiner Reformagenda, den „Abenomics“, fortzufahren. Dabei ist ihm die japanische Wirtschaft sehr wichtig. Die wirtschaftliche Erholung während seiner bisherigen Amtszeit ist ein wichtiger Faktor für seine Popularität.

Abe hat großes Eigeninteresse, die wirtschaftliche Dynamik zu erhalten

Im Frühjahr 2019 wird es landesweite Kommunalwahlen geben. Die Wahl des Oberhauses steht im Sommer an. Für Oktober ist eine Erhöhung der Verbrauchersteuer geplant. Abes Kabinett dürfte daher stark motiviert sein, die derzeitige wirtschaftliche Dynamik zu erhalten oder zu stärken. Andernfalls würde der Premierminister seine dreijährige Amtszeit wahrscheinlich nicht beenden und so die Gelegenheit verpassen, Gastgeber der Olympischen Spiele 2020 in Tokio zu sein. Dieses Worst-Case-Szenario will er sicherlich vermeiden.

AFM: Welche strukturellen Maßnahmen muss Shinzo Abe in seiner neuen Amtszeit angehen?

Daiji Ozawa: Unserer Meinung nach gibt es drei Schlüsselbereiche, die Premierminister Abe in Angriff nehmen muss: soziale Sicherheit, Arbeitsstil, und Reformen der Corporate Governance. Japan steht aufgrund seiner alternden Bevölkerung vor einer großen Herausforderung für den Staatshaushalt. Wenn Menschen älter werden, brauchen sie Renten und mehr Gesundheitsleistungen. Das treibt die Sozialversicherungsausgaben in die Höhe. Deshalb hat die Regierung versucht, die Ausgaben zu kontrollieren bzw. zu deckeln und gleichzeitig das Prinzip „gleiche Arbeit, gleiches Gehalt“ mit der Arbeitsmarktreform einzuführen. Sie zielte darauf ab, eine bessere Work-Life-Balance zu fördern sowie mehr Frauen und ältere Menschen in Arbeit zu bringen.

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Japanische Aktien profitieren von Corporate Governance Reformen

Im Rahmen der Reformen denkt die Regierung über eine Anhebung des Renteneintrittsalters auf 65 oder sogar 70 Jahre nach. Sollte dies umgesetzt werden, würde dies sicherlich einen Großteil der japanischen Probleme beheben, z.B. das Haushaltsdefizit und den Arbeitskräftemangel. In Japan gibt es viele Menschen, die wirklich arbeiten wollen solange sie können. Allerdings wird das Thema aktuell kontrovers diskutiert. Auf der anderen Seite ist die Reform der Corporate Governance für die Regierung viel einfacher umzusetzen. Da sie kein Geld kostet, wird sie von der japanischen Öffentlichkeit unterstützt. Die Folge waren höhere Unternehmensgewinne und verbesserte Kapitaleffizienz, was zu höheren Aktienkursen geführt hat. Premierminister Abe wird auch weiterhin darauf drängen, die Reform der Corporate Governance in seiner nächsten Amtszeit fortzuführen.

AFM: Zahlreiche japanische Unternehmen haben Gewinnwarnungen durch den Handelsstreit zwischen China und den USA veröffentlicht. Wie sehr ist Japan vom Handelsstreit betroffen?

Daiji Ozawa: Bisher ist die Zahl der Unternehmen, die Gewinnwarnungen oder revidierte Planzahlen angekündigt haben, nicht so groß. Dies liegt einfach daran, dass sich der Handelskonflikt und seine negativen Konsequenzen noch nicht maßgeblich niedergeschlagen haben. Dennoch, wenn die Situation weiter eskaliert, werden wir irgendwann negative Folgen sehen. Wie gravierend diese ausfallen, wissen wir jedoch noch nicht. Positiv ist dagegen – das verkennen Investoren vielleicht – dass sich die Beziehungen zwischen Japan und China in den letzten 12 Monaten verbessert haben. Offensichtlich hat China diesmal mehr Gründe für die Annäherung, da Donald Trump einen harten protektionistischen Ansatz gegenüber der zweitgrößten Weltwirtschaft verfolgt.

Neue Perspektiven für japanische Unternehmen

So machte beispielsweise der chinesische Premierminister Li Keqiang im Mai seinen ersten Besuch in Japan als Premierminister. Er besuchte auch die Toyota-Werke in Hokkaido mit Premierminister Abe und inspizierte die Hightech-Produkte des Unternehmens wie Wasserstoff-Brennstoffzellenfahrzeuge und selbstfahrende Autos. Das ist beispiellos in China. Nach diesem historischen Besuch erörtern chinesische Regierungsbeamte mit dem Autokonzern verschiedene Optionen der Zusammenarbeit. Auch dies ist nur ein Beispiel. Der Handelskrieg zwischen den USA und China bringt Japan und China näher zusammen. Daraus sollten sich verschiedene Geschäftsmöglichkeiten für japanische Unternehmen ergeben.

AFM: Welche japanischen Unternehmen und Sektoren können langfristig sogar davon profitieren?

Daiji Ozawa: Wir glauben nach wie vor, dass es in einem Handelskrieg keine Gewinner geben wird. Wir sind aber auch der Meinung, dass viele Investoren die negativen Auswirkungen des Handelskrieges auf die japanische Wirtschaft und Unternehmen überschätzen. Wahrscheinlich liegt das daran, dass sie Japan für ein exportorientiertes Land halten – das ist es nicht. Tatsächlich machen die japanischen Bruttoexporte etwa 15-16 Prozent des gesamten BIP aus, während die für Deutschland und Korea 40 bis 45 Prozent, für Frankreich mehr als 30 Prozent sowie rund 30 Prozent für das Vereinigte Königreich betragen. In den letzten Jahrzehnten haben viele japanische Unternehmen weltweit expandiert und vor Ort Fabriken gegründet, um dort zu produzieren. Dadurch sind sie heute widerstandsfähiger gegen Handelsbarrieren wie Zölle und können sogar von einem verlangsamten Handel zwischen den USA und China profitieren.

Handelskonflikt bringt Chancen für japanische Aktien

Einige Investoren sagen, „aufgrund eines Handelskrieges kaufen wir Aktien, die vom Binnenhandel profitieren“. Wir denken, dass es nicht ganz so einfach ist. Aber wir sind auch davon überzeugt, dass uns dieser Handelskonflikt neue Chancen eröffnet, in interessante Unternehmen zu attraktiven Preisen zu investieren.

AFM: Wie machen Sie Ihr Portfolio sicher für die Auswirkungen des Handelsstreits?

Daiji Ozawa: Wir sind ein langfristiger Investor, der versucht, durch eigenes Research und Analysen Unternehmen zu finden, die durch Wettbewerbsvorteile heute oder zukünftige Cashflow generieren. Unternehmen, die wir mögen, verfügen in der Regel über ein exzellentes Geschäftsmodell, starke Unternehmensstrukturen, ein hervorragendes Management und eine solide Unternehmensführung. Sie schneiden in der Regel unabhängig von den Markt- und Wirtschaftsbedingungen gut ab, weil sie in der Lage sind, sich an jedes neue Umfeld anzupassen, das sich aus einem starken Wandel von Demografie, der Branchendynamik oder Technologie ergibt. Daher machen wir uns nicht so viele Gedanken darüber, wie wir unsere Portfolios positionieren. Aus heutiger Sicht sind wir bereits gut aufgestellt.

2% Inflationsziel in Japan kein einfaches Ziel

AFM: Die Bank of Japan kämpft vergeblich, um ein Inflationsziel von 2% zu erreichen. Welche geldmarktpolitischen Optionen bleiben noch?

Daiji Ozawa: Im Juli veröffentlichte die Bank of Japan (BOJ) eine Zinsleitlinien ein. Demnach beabsichtigt sie, das derzeit extrem niedrige Zinsniveau auch nach der Erhöhung der Verbrauchssteuer im Oktober 2019 über einen längeren Zeitraum beizubehalten. Zusammen mit dem laufenden sogenannten „Stealth Tapering“, das die Anzahl der Käufe von Japanischen Staatsanleihen und ETF reduziert, ist es gelungen, die Flexibilität und Nachhaltigkeit der aktuellen Geldpolitik zu erhöhen. 2 Prozent innerhalb eines Jahres ist kein einfaches Ziel angesichts des angespannten Arbeitsmarktes sowie des anhaltenden Aufwärtstrends der Nominallöhne. Trotzdem steigen die Preise langsam.

Japanische Aktien und Inflation
Inflation in Japan dauerhaft niedrig. Quelle: IMFJapanische Aktien und Inflation

AFM: Japanische Unternehmen sind billiges Geld gewohnt. Wie wären Zinserhöhungen zu verkraften?

Daiji Ozawa: Selbst bei Zinssätzen von fast Null Prozent haben viele japanische Unternehmen während der Deflation kein Geld von den Banken geliehen haben. Stattdessen haben sie Schulden abgebaut und Barmittel in ihren Bilanzen angesammelt. Wenn die BOJ ihre Leitzinsen anhebt, wäre es sicherlich an der Zeit, dass Japan endlich sinnvoll aus der Deflation herauskommt oder das Preisstabilitätsziel von 2 Prozent erreicht. Der Grund dafür, dass japanische Unternehmen in der Vergangenheit kein Geld von Banken geliehen haben, war nicht das nominale Zinsniveau, sondern die Deflation. Sobald Preisstabilität oder Inflation zurückkehren, werden sich Unternehmen wieder stärker Geld von Banken zu leihen – vorausgesetzt, dass die Realzinsen attraktiv sind. 

IoT, Robotics – Japan investiert viel Geld in Forschung und Entwicklung

AFM: Japan hat ein demographisches Problem im Binnenmarkt. Woher können Wachstumsimpulse kommen?

Daiji Ozawa: Die demographische Entwicklung in Japan ist eine große Herausforderung für das Land, aber gleichzeitig bieten sie uns eine große Chance. Glücklicherweise verfügt Japan über großartige Technologien, Talente und Geld. Deshalb haben japanische Unternehmen begonnen, viel Geld in Forschung und Entwicklung und Investitionen beispielsweise in Robotics und IoT zu stecken. Das verbessert nicht nur die Produktivität und Kapitaleffizienz, mindert das Problem des Arbeitskräftemangels und treibt das BIP-Wachstum an. Gleichzeitig gibt es uns auch einzigartige Investitionsmöglichkeiten.

Oftmals übersehen Menschen die positiven Seiten. Sicherlich essen ältere Menschen weniger und kaufen weniger neue Kleidung. Aber gleichzeitig geben sie mehr Geld für verschiedene Dienstleistungen wie Reisen, Unterhaltung oder Gesundheitsversorgung aus. Denken Sie daran, dass sie tendenziell reicher sind als die jüngere Generation. Das schafft Raum für neuen, interessante Geschäftsmöglichkeiten.

Corporate Governance als Treiber für japanische Aktien

AFM: Viele japanische Unternehmen haben hohe Cash-Bestände. Wie kann die Liquidität sinnvoll investiert werden?

Daiji Ozawa: Die laufende Reform der Corporate Governance in Japan war in den letzten Jahren einer der wichtigsten Treiber für die Steigerung der Aktionärsrenditen und der Kapitaleffizienz. Das bedeutet, dass japanische Unternehmen, die immer noch über viel Geld verfügen, begonnen haben, Bargeld sinnvoller und rationeller für Forschung und Entwicklung, Investitionen, M&A, Aktienrückkauf oder Dividendenzahlung einzusetzen. Wir glauben, dass es sich hierbei nicht um einen einmaligen Boom handelt, sondern um einen stetigen und kontinuierlichen Fortschritt, den wir für die absehbare Zukunft erwarten können.

AFM: Herr Ozawa, vielen Dank für das Gespräch.

Daiji Ozawa, CFA
Managing Director, Chief Investment Officer Invesco Japan

Daiji Ozawa kam 2010 von Morgan Stanley Investment Management (MSIM) zu Invesco Japan. Er verfügt über 31 Jahre Investmenterfahrung. Daiji Ozawa hält einen B.A. in Politikwissenschaft von der Waseda University. Er ist zudem Chartered Financial Analyst (CFA), Chartered Member der Security Analysts Association of Japan und Vorstandsmitglied der CFA Society of Japan.

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