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Matthews Asia CIO: Chinas Wirtschaft wird sich weiter öffnen

Matthews Asia CIO: Chinas Wirtschaft wird sich weiter öffnen
Matthews Asia CIO Robert Horrocks über die chinesische Wirtschaft

Der Handelskonfikt zwischen China und den USA hält die Welt in Atem. Robert Horrocks von der US-amerikanischen Fondsgesellschaft Matthews Asia über die neue Rolle Chinas und die Bewertung asiatischer Aktien.

AsiaFundManagers.com: Herr Horrocks, der globale Freihandel ist in Gefahr. Wer trägt Schuld daran?

Robert Horrocks: Vor etwa zwei Jahren hielt ich einen Vortrag über China und die Globalisierung. Mein Hauptargument war, dass China nach der Rede von Xi Jinping in Davos im Januar 2017 zum globalen Champion des Freihandels zu werden scheint. Und zwar im gleichen Maße, wie die USA und Europa dieser Idee den Rücken zukehrten. Meine Ansichten wurden von einigen mit großer Skepsis aufgenommen. „China meint es nicht ernst mit der Globalisierung“, war eine häufige Reaktion. Heuten wissen wir, die USA eröffnen im globalen Handelskrieg eine Front nach der anderen: Mexiko, China, die Europäische Union, Kanada. Ich fühle mich leider bestätigt.

AFM: Sie sehen in China den Musterschüler des freien Handels?

Robert Horrocks: China ist sicher keine Bastion des Freihandels, mit freien, ungehinderten Märkten und einem staatlichen Sektor, der sich nur auf die notwendigsten Aufgaben beschränkt. Aber in dem Jahr, in dem ich geboren wurde, war China ein Land mit knapp 800 Millionen Menschen. Fast alle lebten in extremer Armut. Heute leben hier 1,4 Milliarden Menschen, von denen fast keiner mehr in Armut fristet. Damals lebte die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung in Haushalten mit Einkommen von 1,90 USD pro Tag oder weniger. Heute sind es weniger als 10%.

Wirtschaft China: Bevölkerungsentwicklung
Wirtschaft China: Bevölkerungsentwicklung. Quelle: IWFWirtschaft China: Bevölkerungsentwicklung
Wirtschaft China BIP pro Kopf
Wirtschaft China BIP pro Kopf. Quelle: IWFWirtschaft China BIP pro Kopf

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Ein bürgerlicher Lebensstil wird zunehmend zur Normalität. China erreichte dies durch Sparen, Investieren und Reformen seines wirtschaftlichen und politischen Systems. Der Staat hat Marktpreise umgesetzt und staatliche Eingriffe in die Wirtschaft reduziert. Das Land öffnet sich zunehmend für ausländische Investitionen und Handel. In den 1970er und 1980er Jahre wies China noch ein Handels- und Leistungsbilanzdefizit auf, da es Kapital und Güter anzog, um eine neue Wirtschaft aufzubauen.

AFM: Die chinesische Regierung verfolgt eine industriepolitische Agenda. Wettbewerb wird in vielen Bereichen unterbunden.

Robert Horrocks: Die Reformen in China sind eine gewaltige Leistung, unabhängig davon, was man über die Politik der chinesischen Regierung denkt. Die Regierung verdankt ihren Stand und ihre Macht der Fähigkeit, den einfachen Bürger am Wachstum und dieser unglaublichen Revolution des Lebensstandards teilhaben zu lassen. Die chinesische Führung hat Globalisierung, Kapitalismus, private Unternehmen und alles, was damit zusammenhängt – Anleihemärkte, Aktienmärkte, ausländische Investitionen und freie Investitionsentscheidungen für Unternehmer – wirklich angenommen. Dennoch ist China kein 100% freier Markt. Doch welcher ist das schon?

AFM: Wie wird sich der Handelskrieg mit den USA auf das chinesische Verhalten auswirken?

Robert Horrocks: Der chinesische Staat hat große Anreize, seine handelsfreundliche Haltung beizubehalten. Was bleibt China angesichts der Tatsache, dass die USA dem Freihandel den Rücken kehren, auch anderes übrig? Am wahrscheinlichsten ist, dass sie die USA ignorieren und sich weiter öffnen. Das sehen wir bereits bei den Aktien- und Rentenmärkten. China sollte freien Handel im gesamten asiatischen Raum und mit der EU betreiben. Es sollte der globale Handelspartner der Welt sein, der die USA einst waren, aber nicht mehr sein wollen.

Chinas Wirtschaft im Zeichen der neuen Seidenstraße

Die Initiative „One Belt, One Road“ öffnet neue Länder für Handel und Infrastruktur. Güterzüge von China über Zentralasien bis nach Europa ergänzen die etablierten Seestrecken durch Südostasien und Ostafrika sowie die Flugrouten zwischen Ost und West. China stellt sich in den Mittelpunkt des Welthandels. Historisch gesehen prosperieren Ländern in einer solchen Position wirtschaftlich, sozial und künstlerisch – unabhängig vom Jahrhundert oder der Religion.

AFM: Erleben wir aktuell eine tektonische Verschiebung im internationalen Handel?

Robert Horrocks: Wer weiß, ob die derzeitige Haltung der USA in Bezug auf freien Handel anhalten wird. Aber es scheint, dass wir einen Drehpunkt in der Geschichte erreicht haben. Die USA sind nicht mehr der größte Befürworter von freiem Handel und Globalisierung. Auch die Europäische Union hat diese Aufgabe nicht übernommen. Die Rolle ist China zugefallen. Das Land bleibt daher ein wichtiger Grund, in das Wachstum Asiens zu investieren. China ist nicht nur der größte Wachstumsträger der Weltwirtschaft, sondern auch der wichtigste Vertreter der internationalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit und Entwicklung.

Wirtschaft China: Wirtschaftswachstum
Wirtschaft China: Wirtschaftswachstum. Quelle: IWFWirtschaft China: Wirtschaftswachstum

AFM: Der Handelsstreit mit den USA ist real und lässt sich nicht einfach ausblenden. Was heißt das für die asiatischen Ökonomien?

Robert Horrocks: Die makroökonomischen Auswirkungen des Handels sind nicht so groß, wie es die Schlagzeilen vermuten lassen. Diese minimalen Effekte lassen sich vermeiden, wenn in Unternehmen investiert wird, die die Binnennachfrage bedienen. Das Nachfragewachstum in Asien sollte weiterhin stark sein. Investitionen und Produktivitätssteigerungen werden die Löhne in den kommenden Jahren und Jahrzehnten höher und schneller als in jeder anderen großen Region der Welt steigen lassen.

Hohe Sparquoten schützen asiatische Ökonomien

Die asiatischen Volkswirtschaften haben zudem die Talsohle eines Wirtschaftszyklus durchschritten. Daher sollten sie für eine zyklische Erholung gut gerüstet sein. Ein günstigeres monetäres Umfeld könnte dieses Wachstum beschleunigen. Gestützt werden viele der größten Volkswirtschaften Asiens durch hohe Sparquoten, was sie weniger anfällig für externe Ereignisse macht.

AFM: Wie schätzen Sie aktuell die Bewertungen asiatischer Aktien ein?

Robert Horrocks: Asiatische Aktien exklusive Japan werden im Durchschnitt zu einem KGV von 12,7 gehandelt. Inklusive Japan liegt das Gewinnvielfache beim Faktor 13,0. Das ist ein annehmbares Bewertungsniveau angesichts des Niedrigzinsumfelds und der Zyklik, die die Gewinne der Unternehmen in Asien antreibt. Trotzdem bleiben Risiken. Die geldpolitische Expansion und der Bullenmarkt in den USA laufen schon sehr lang. Es scheint sicher, dass die Zentralbank die Geldpolitik weiter straffen wird. Diese Faktoren schaffen nicht das beste Umfeld für die asiatischen Märkte.

AFM: Investoren tun also gut daran, zunächst abzuwarten?

Robert Horrocks: Investoren sollten die Dinge nicht zu negativ sehen. Die Kurse einiger asiatischer Hype-Aktien haben zwar inzwischen korrigiert. Die Zeit ist daher für Value-Aktien gekommen. Es gibt gute, solide Unternehmen, deren Aktien zu günstigen Preisen erhältlich sind. Die kommenden Monate werden volatil bleiben. Aus Gesprächen mit Investoren weiß ich, dass diese bereits größtenteils untergewichtet sind. Daraus dürften sich für geduldige Investoren Chancen ergeben.

AFM: Herr Horrocks, vielen Dank für das Interview.