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Bereiten Chinas Staatskonzerne Grund zur Sorge?

Wenn chinesische Staatskonzerne in Zahlungsschwierigkeiten gerieten, sprang bisher meist die Volksrepublik ein. Doch nicht jeder säumige Staatsbetrieb wird sich in Zukunft auf die Unterstützung Pekings verlassen können. Kreditinvestoren sollten sich daher mit Hilfe von Fundamentalanalysen auf gesunde Unternehmen konzentrieren, schreibt Sheldon Chan, Portfolio Manager Asia Credit Bond Strategy, bei T. Rowe Price, in seinem Gastbeitrag.

Chinas Staatsbetriebe – die sogenannten State-owned Enterprises, kurz SOEs – bildeten einst das Rückgrat der Wirtschaft des Landes. Ihre Aufgabe bestand vor allem darin, die offiziellen Produktionsquoten einzuhalten. Obwohl die Rolle der Privatwirtschaft seither zugenommen hat, nehmen sie weiterhin einen bedeutenden Platz in der chinesischen Wirtschaft ein.

Nach einer jahrzehntelangen Konsolidierung, die durch eine Straffung der Betriebsabläufe, der Einführung marktbasierter Eigentumsmechanismen sowie einer Verbesserung der Corporate Governance gekennzeichnet war, sind die heutigen SOEs mit den Staatsbetrieben aus den 1970er Jahren jedoch nicht mehr zu vergleichen. Allerdings haben die staatseigenen Konzerne in den zurückliegenden Jahren an den Anleihemärkten sehr viele Schulden aufgenommen. Dass diese Schuldtitel nicht bedient werden, war im Reich der Mitte eher eine Seltenheit. Weil die Staatsführung kein Interesse an Pleiten hatte, wurden die säumigen Kredite einfach übernommen.

Steigende Zahlungsausfälle von SOEs

Die Zeiten eines garantierten staatlichen Bail-outs könnten nun vorbei sein. Ein Anstieg der Kreditereignisse chinesischer Staatsunternehmen signalisiert offensichtlich eine steigende Toleranz der Staatsführung gegenüber Zahlungsausfällen. So waren im Jahr 2020 Staatsunternehmen für mehr als die Hälfte aller Zahlungsausfälle bei chinesischen Binnenanleihen verantwortlich.

In Vergangenheit war es genau umgekehrt, als Privatunternehmen den Großteil der Ausfälle auf sich vereinten. Auf rund 80 Milliarden Renminbi, das sind umgerechnet mehr als zehn Milliarden Euro, beliefen sich im vergangenen Jahr die Defaults chinesischer SOEs. Das ist der höchste Betrag seit 2014, als die Volksrepublik im Rahmen breiter marktbasierter Reformen erstmals Zahlungsausfälle zugelassen hat.

Staatlicher Unternehmenssektor soll autarker werden

Hintergrund für die steigende Toleranz der Staatsführung gegenüber solchen Defaults sind die jüngsten Reformen des staatlichen Unternehmenssektors. Sie sind Teil des chinesischen Plans, sich von einem exportorientierten Wirtschaftssystem zu einem ausgewogeneren, auf nachhaltigeres Wachstum ausgerichtetes Modell zu entwickeln. Um dieses Ziel zu erreichen, hat sich die Regierung vorgenommen, die Verschuldung im Finanzsektor zu reduzieren.

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Die Absicht dahinter wurde im April in einem Bericht des Finanzministeriums deutlich gemacht. Darin wurde die Verpflichtung hervorgehoben, „die Verwaltung der lokalen Staatsschulden zu verstärken, solide Fortschritte bei der Entschärfung der Risiken im Zusammenhang mit versteckten lokalen Staatsschulden zu erzielen und eine nachhaltige Haushaltsentwicklung zu fördern“. Oder mit anderen Worten: Der öffentliche Sektor soll autarker werden. Nicht mehr alle SOEs werden sich auf die staatliche Unterstützung Pekings verlassen können.

China Huarong löst Marktturbulenzen aus

Fragen hinsichtlich der staatlichen Unterstützung für kriselnde SOEs tauchten zuletzt auf, als der Vermögensverwalter China Huarong Asset Management mit seinen bis zum 31. März 2021 fälligen Jahresergebnissen in Verzug geraten war. Als Reaktion darauf gaben die drei führenden Ratingagenturen Moody’s, Fitch und S&P bekannt, dass die Gesellschaft aufgrund mangelnder Transparenz auf eine mögliche Herabstufung des Ratings überprüft werde.

Diese Nachricht sorgte an den asiatischen Kreditmärkten für heftige Turbulenzen. So kam es bei den von der Tochtergesellschaft Huarong International begebenen Offshore-Dollar-Anleihen zu erheblichen Kursschwankungen und einer starken Ausweitung der Credit Spreads. Die hohe Volatilität dürfte teilweise auf die Größe der Muttergesellschaft zurückzuführen sein.

Immerhin gehört China Huarong Asset Management zu den vier größten Vermögensverwaltern des Landes. Das Unternehmen wurde 1999 von der Regierung gegründet, um notleidende Schulden nach der asiatischen Finanzkrise zu erwerben, und befindet sich mehrheitlich im Besitz des Finanzministeriums. In Verruf kam die Gesellschaft bereits vor drei Jahren, als der damalige Verwaltungsratschef Lai Xiaomin wegen Korruption verhaftet wurde. Seither befindet sich das Unternehmen in der Restrukturierung.

Im Sog der Turbulenzen bei den Dollaranleihen von Huarong International wurden auch andere Emittenten solcher Papiere von einer Ausweitung der Spreads erfasst. Diese haben sich mittlerweile jedoch wieder eingeengt. Das könnte darauf hindeuten, dass eine Ansteckung auf die offensichtlichsten Problembereiche des Anleihemarkts beschränkt ist.

China Huarong ist nicht der einzige Fall, der die Märkte in Aufregung versetzte. Im Herbst vergangenen Jahres haben gleich mehrere große Staatskonzerne ihre Schulden nicht zum fälligen Termin bedient. So ist zum Beispiel der staatliche Computerchip-Hersteller Tsinghua Unigroup, der mit einer der führenden Universitäten Chinas verbunden ist, mit einer Anleihe in Höhe von 1,3 Milliarden Renminbi und zwei Dollar-Anleihen im Wert von etwa einer Milliarde Dollar in Verzug geraten. Weitere prominente Beispiel für Zahlungsausfälle chinesischer Staatsbetriebe sind der Kohleminen- und Kraftwerkskonzern Yongcheng sowie der Autohersteller Huacheng, der in China ein Joint-Venture mit BMW betreibt.

Fundamentalanalyse tut Not

Die genannten Vorfälle werfen die Frage auf, wie das Thema der staatlichen (Nicht-)Unterstützung für in Schwierigkeiten geratene SOEs in den Anleihekursen einzupreisen ist. Angesichts der gestiegenen Unsicherheit darüber, wie sich Chinas Reformbemühungen in Zukunft auf Staatsunternehmen auswirken könnten, sollten Kreditinvestoren mit Engagement in Asien nicht alle Staatsunternehmen, die Dollaranleihen emittieren, über einen Kamm scheren.

Eine eigenständige Analyse der Fundamentaldaten auf Basis eines Bottom-up-Research-Prozesses könnte dabei helfen, leistungsschwache Unternehmen zu identifizieren, die möglicherweise in Zukunft nicht mehr ohne Weiteres eine staatliche Unterstützung erhalten werden. Auf der anderen Seite können gesunde Staatsunternehmen herausgesiebt werden, die besser gerüstet sind, um etwaigen Marktturbulenzen standzuhalten.

Zudem ist es empfehlenswert, das Engagement innerhalb der Region zu diversifizieren und die Allokation in bestimmten Märkten zu optimieren. Das sollte dazu beitragen, in Zeiten, in denen China mit dem Umbau seines staatlichen Sektors beschäftigt ist, das Risiko von Verwerfungen besser zu bewältigen.

 

Sheldon Chan
Sheldon Chan, T. Rowe Price

Portfoliomanager
T. Rowe Price

Sheldon Chan ist Portfoliomanager der Asia Credit Bond Strategy von T. Rowe Price. Er ist seit 2011 bei der Firma tätig. Davor war Sheldon Chan bei HSBC in Hongkong und London als Direktor und Kreditanalyst im Fixed Income Research tätig.

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