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Wie realistisch ist Japan CO2-neutral bis 2050?

Japan wird bis 2050 CO2-neutral sein – so Premierminister Yoshihide Sugas Aussage bei seiner ersten politischen Rede vor dem Parlament. Die Ansage erhielt viel Applaus aber warf auch Fragen von Experten und verschiedenen Industrien auf.

Was bedeutet dies für den weltweit fünftgrößten Emittenten von Kohlendioxid und den größten G-7-Finanzierer von Stromerzeugung aus Kohle im In- und Ausland?

Das neue Ziel, so Takeshi Kuramochi, Klimapolitikforscher am deutschen NewClimate Institute, ist höchstwahrscheinlich durch nationalen und globalen politischen Druck beeinflusst. Sugas Ankündigung erfolgte wenige Woche nachdem Japans regionaler Rivale, China, angekündigt hatte, bis 2060 die Kohlenstoffneutralität zu erreichen. Es wäre „peinlich für Japan, einen Netto-Zeitplan für Null-Emissionen später als China zu haben“, sagte Kuramochi laut New York Times.

Japans Weg zu einer kohlenstoffarmen Gesellschaft ist jedoch mit Hürden gespickt.

Japan hat nach dem Ölschock in den 1970er Jahren begonnen, auf Kohle zu setzen. Nach dem Erdbeben von Fukushima und dem Tsunami 2011 setze das Land weitgehend auf Kohle, um seinen Energiebedarf zu decken. 32% der Stromversorgung kommen von Kohlekraftwerken, dazu ist Japan der drittgrößte Kohleimporteur der Welt. Der Versicherungsbroker Banchero Costa berichtete unter Berufung auf Daten von Refinitiv, dass Japan im ersten Quartal 2020 44,8 Mio. Tonnen Kohle importiert hat.

Japan CO2-neutral – wie kann das erreicht werden?

Laut World Energy Outlook 2020 der International Energy Agency muss zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2050 der Primärenergiebedarf zwischen 2019 und 2030 um 17% sinken. Dazu muss die Kohlenachfrage in diesem Zeitraum um fast 60% auf ein Niveau sinken, das zuletzt in den 1970er Jahren erreicht wurde.

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Japan ist dabei, 22 neue Kohlekraftwerke zu bauen. Also muss und wird sich die Regierung mit der Abhängigkeit des Landes von Kohle befassen, so Suga. Laut Japans Institut für Erneuerbare Energien (REI) erfordert die Entwicklung zu einer kohlenstoffneutralen Gesellschaft einen vollständigen Ausstieg aus der Kohle bis 2030 bei gleichzeitiger Anhebung des Ziels für Strom aus erneuerbaren Energien auf 45%.

Eine andere Strategie, die die REI ins Auge fasst, ist die Nutzung erneuerbarer Energien nicht nur für Strom, sondern für die gesamte Energienutzung, einschließlich Wärme und Kraftstoffe, bis 2050. Die REI erklärte auf ihrer Website, dass Japan aufgrund der steigenden Kosten und Sicherheitsfragen nicht von der Kernkraft abhängig sein wird. Im vergangenen Monat begann die Regierung mit der Diskussion darüber, wie Japan den Anteil erneuerbarer Energien im Strommixplan 2030 von 22% auf 24% erhöhen könnte.

Der Umstieg auf erneuerbare Energien ist für Japan jedoch schwierig, da es nicht genügend Platz für Solar- und Windparks gibt. Zwei Drittel der Landfläche des Landes sind mit Bergen und Wäldern bedeckt.

Was die Industrie zum neuen Ziel sagt

„Ein aggressiver Ansatz gegen die globale Erwärmung wird eine Veränderung unserer Industriestruktur und unseres Wirtschaftssystems bewirken, die zu großem Wachstum führen wird“, so ist Suga überzeugt.

Große Unternehmen wie Toyota und Sony haben bereits ihre Bereitschaft bekräftigt, bis 2050 null Emissionen zu erreichen. Aber das scheint nicht allen Unternehmen leicht zu fallen.

„Es gibt viele Firmen, die eigene Kohlekraftwerke haben, wie z.B. Stahlunternehmen, und die Reduzierung ihres CO2-Fußabdrucks wäre für einige Unternehmen buchstäblich eine Frage des Überlebens“, so Mari Yoshitaka, Nachhaltigkeitsstrategin bei Mitsubishi UFJ Research & Consulting Co. gegenüber der Japan Times.

Mittlerweile entfallen 47,6% aller industriellen Emissionen in Japan auf die Stahlindustrie. Die Hauptakteure Nippon Steel, Kobe Steel und JFE Holdings verfügen über Hochöfen, die einen erheblichen Kohlenstoff-Fußabdruck erzeugen.

Auf den Transportsektor entfallen 19% des Endenergieverbrauchs und 98% der Autos, Lastwagen und Flugzeuge verbrauchen Erdöl. Von den japanischen Autoherstellern wird erwartet, dass sie Wasserstofftankstellen einrichten und ihre Preise senken.

Die japanische Automobilindustrie liegt bei der Produktion von Elektrofahrzeugen weit hinter ihren globalen Pendants zurück. Marken wie Mitsubishi und Nissan sind bereits im EV-Markt aktiv, das Geschäft wird aber von China und Europa dominiert.

Leitfaden für Unternehmen

Um Industriezweigen dabei zu helfen, den Anschluss an die neuen Umweltauflagen zu finden, empfehlen Experten eine Kohlenstoff-basierte Preisgestaltung, um japanische Unternehmen zu einer weiteren Senkung ihrer Emissionen zu drängen.

Eine Kohlenstoffpreisgestaltung könnte auch positive Auswirkungen auf Finanzinstitutionen haben, die Mittel für eine nachhaltige Finanzierung bereitzustellen. So strebt beispielsweise die Mitsubishi UFJ Financial Group eine nachhaltige Finanzierung im Wert von 190 Mio. USD bis 2030 an.

Im Jahr 2019 haben das japanische Wirtschafts- und Unweltministerium einen Leitfaden herausgegeben, der japanische Unternehmen dazu ermutigen soll, sich an etablierten internationalen Initiativen wie beispielsweise der Initiative Science Based Targets (SBTi) zu beteiligen. Durch diese können Unternehmen ihre CO2-Ziele wissenschaftlich überprüfen und anerkennen lassen und so das Pariser Klimaabkommen unterstützen.

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