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Was bedeutet Chinas „Gemeinsamer Wohlstand“ für Investments?

Chinas Plan für „Gemeinsamen Wohlstand“ („Common Prosperity“) ist weitreichend und ehrgeizig. Er zielt darauf ab, die Kluft zwischen Arm und Reich in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt zu verringern. Doch erste regulatorische Schritte wie die strengen Vorschriften für Technologieunternehmen und den privaten Bildungssektor haben die Märkte verunsichert. Sollten Investoren China vorerst meiden? Wir sprachen mit Norman Villamin, CIO Wealth Management bei der Union Bancaire Privée (UBP).

AsiaFundManagers.com: Wie hat sich Chinas jüngste Wandel von „Reich werden ist glorreich“ zu „Gemeinsamer Wohlstand“ auf die Investmentlandschaft ausgewirkt?

Norman Villamin: Die Landschaft verändert sich. Politische Interventionen waren in China seit der Wiedereröffnung in den 1980er Jahren nichts Seltenes. Die aktuellen Interventionen sind jedoch anders geartet und legen nahe, dass nun ein anderer Ansatz für chinesische Aktien erforderlich ist.

Chinas Präsident Xi Jinping hat sein Ziel des „Gemeinsamen Wohlstands“ so erklärt, dass einigen Exzessen entgegengewirkt werden soll, die während der rasanten Wachstumsphase Chinas in den vergangenen Jahrzehnten entstanden sind. Dabei geht es vor allem darum, das Wohlstandsgefälle, das in den letzten Jahren im Land entstanden ist, zu verringern.

Diese Maßnahmen sind zwar sozial bewundernswert, deuten aber auf eine zunehmende Belastung der Unternehmensgewinne in der Zukunft hin. Zweifelsohne wird die chinesische Wirtschaft weiter wachsen. Für die Anleger wird sich der Anteil an diesem Wachstum in Zukunft jedoch wahrscheinlich gleichmäßiger zwischen Haushalten/Arbeitern und Unternehmen/Aktionären aufteilen.

AsiaFundManagers.com: Welche Branchen sind am stärksten von der neuen Ära des „Gemeinsamen Wohlstands“ betroffen?

Norman Villamin: Es scheint sich die Erkenntnis durchgesetzt zu haben, dass die Entwicklungsvorteile des raschen Wachstums von Plattformunternehmen in China nun eine Schwelle in Bezug auf die sozialen und potenziell langfristigen wirtschaftlichen Kosten überschritten haben, die kurzfristig ein aktiveres Eingreifen und mittelfristig eine andere regulatorische Grundlage erfordern.

Während die Anti-Monopol-Bestrebungen ein immer stärkeres Instrument der Durchsetzung geworden sind, rückten in letzter Zeit Einschränkungen in Bezug auf die Datensicherheit in den Mittelpunkt. So wie die Anti-Monopol-Bestrebungen allmählich anfingen, bevor sie sich „plötzlich“ beschleunigten, sollten ähnliche Schritte an der Datensicherheitsfront keine Überraschung mehr darstellen. Strengere Datensicherheitsmaßnahmen können nämlich nicht nur dem Verbraucherschutz dienen, sondern auch der nationalen Sicherheit. Sie können auch dazu dienen, ausländische Marktteilnehmer einzuschränken, indem sie ihre Fähigkeit hemmen, Offshore-Größenvorteile auf dem chinesischen Inlandsmarkt zu nutzen, sowie es aufstrebenden inländischen Marktteilnehmern ermöglichen, sich weiterzuentwickeln und zu florieren.

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Darüber hinaus wird deutlich, dass die bisher ergriffenen Maßnahmen zunehmend nicht nur den Verbraucher im Blick haben, wie im Bereich der Online-Bildung zu sehen ist. Jüngste Maßnahmen zur Gewährleistung der Einhaltung von Mindestlöhnen im Bereich der Lieferplattformen weisen auf die umfassenderen sozialen Kosten hin, die der Gesamtwirtschaft durch das Aufblühen der Plattformen entstehen, sowie auf den neuen regulatorischen Rahmen, der eine gerechtere Verteilung dieser Kosten ermöglichen soll.

AsiaFundManagers.com: Wie sind die Aussichten für China-Investments in der aktuellen Situation und wo sehen Sie Chancen?

Norman Villamin: Wir vermuten, dass in der Ära des „Gemeinsamen Wohlstands“ Entwicklungsziele wahrscheinlich nicht geopfert werden. Stattdessen werden die inoffiziellen Kosten für das „Gewinnen“ des Rennens um die Führung in den wichtigsten Wachstumssegmenten nun mit der Aussicht auf eine Umverteilung eines Teils der Einnahmen einhergehen, wenn die Industrie reift, oder mit einer Aufteilung der unerwarteten sozialen Kosten, wenn sie entstehen.

Darüber hinaus kann die Konzentration auf Unternehmen und Sektoren in einem früheren Stadium des Wachstumszyklus dazu führen, dass inländische A-Aktien ein fruchtbareres Jagdrevier für vorausschauende Investoren darstellen. Um diese Chancen in einem früheren Stadium voll ausschöpfen zu können, müssen Investoren in China wahrscheinlich eine größere Mischung aus im Inland notierten A-Aktien und leichter zugänglichen, in Hongkong oder weltweit notierten Opportunitäten in ihre China-Allokationen einbeziehen.

Auf Sektorebene können sieben strategische Technologiebereiche, die im 14. Fünfjahresplan Chinas genannt werden, solche Frühphasen-Chancen für Investoren bieten, darunter künstliche Intelligenz, Quantencomputer, integrierte Schaltkreise/Halbleiter, Neurowissenschaften, Genetik/Biotechnologie, klinische Medizin/Gesundheit sowie Weltraum-, Erd-, Meeres- und Polarexploration.

Das frühe Entwicklungsstadium dieser Technologien und die Wahrscheinlichkeit einer staatlichen Beteiligung bestärken uns in der Ansicht, dass die Aktienauswahl zunehmend an Bedeutung gewinnen wird. Für Investoren, die einen kürzeren Anlagehorizont anstreben, könnte die Konzentration auf die Einschränkung von Monopolen und die Förderung sozialer Fairness den Akteuren der zweiten Reihe in weiterhin schnell wachsenden Sektoren wie E-Commerce und Streaming-Unterhaltung zugutekommen.

Chancen könnten sich auch weiterhin für Internetunternehmen bieten, die sich in einem früheren Stadium befinden und lange Wachstumsphasen haben, wie z. B. Unternehmen, die auf die jüngere Generation von Nutzern abzielen oder auf strukturelle Trends wie den videobasierten Konsum ausgerichtet sind. Während die Regulierung bei den Marktführern wahrscheinlich zu einem langsameren Wachstum und niedrigeren Margen führen wird, könnte der positive demografische Rückenwind weiterhin diejenigen Unternehmen antreiben, die über hohe Eintrittsbarrieren verfügen.

AsiaFundManagers.com: Wie sieht Ihr Ausblick für China-Investments im Jahr 2022 aus?

Norman Villamin: Angesichts der Entwicklungen seit Juli sind wir der Ansicht, dass die Grundlage für die Agenda „Gemeinsamer Wohlstand“ in China noch immer in Arbeit ist. Wir gehen davon aus, dass bis März 2022, wenn der Nationale Volkskongress zusammentritt und möglicherweise die nächste Phase der „Gemeinsamer Wohlstand“-Ära einläutet, weitere Maßnahmen ergriffen werden. Wir gehen davon aus, dass die Zeit vor dem Nationalen Volkskongress eine Gelegenheit bieten wird, die mittelfristigen Chancen für Investoren klarer zu identifizieren.

In der Zwischenzeit sollten passive Investoren in China zu einem aktiveren Ansatz übergehen und sich von großen Branchenführern fernhalten, die für neue Vorschriften anfällig sein könnten, wie es in letzter Zeit zu beobachten war. Stattdessen kann eine Aktienauswahl, die sich auf Wachstumschancen in Nischensektoren in einem früheren Stadium konzentriert, in dieser Übergangsphase in den kommenden Monaten Schutz bieten.

AsiaFundManagers.com: Vielen Dank für das Interview.

 

Norman Villamin
Norman Villamin, UBP

CIO Wealth Management
Union Bancaire Privée (UBP)

Norman Villamin kam im November 2015 als Head of Investment Services and Treasury & Trading der UBP Zürich zur UBP. Im Jahr 2016 wurde er zum Chief Investment Officer Wealth Management ernannt. Er verfügt über mehr als zwanzig Jahre Investmenterfahrung.

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